Gott als Krieger, das ist ein Bild, an das sich viele (oft zu Recht) mit großer Vorsicht und manche mit einer bedenklichen Begeisterung heranwagen. Aber es ist ein Motiv, das in der Bibel immer wieder auftaucht. Lässt sich also ein guter und verantwortlicher  Zugang finden zu so vertrauten Aussagen wie Psalm 24,8 – „Wer ist der König der Ehre? Es ist der Herr, stark und mächtig, der Herr, mächtig im Streit“?

So schrecklich und vernichtend Krieg immer ist, Krieger können auch viele gute Eigenschaften repräsentieren: Selbstlosigkeit, Disziplin, Mut und Stärke zum Beispiel machen das (selten erreichte) Ideal des Kriegers aus. Wie die Figur des Aragorn in Tolkiens “Herr der Ringe”.

Und wenn Gott in der Bibel als kriegerisch erscheint, dann meist auf der Seite der Schwachen und Ohnmächtigen, so jedenfalls erlebt sich Israel die meiste Zeit seiner bewegten Geschichte. Er schafft denen Raum und Recht, die es selbst nicht könnten. Und dabei – auch das ist wichtig – beansprucht er das, was wir heute als “Gewaltmonopol” bezeichnen (vgl. Exodus 14,14). Rache und Lynchjustiz werden unterbunden (Römer 12,19), Gewalttätige in ihre Schranken verwiesen (Offenbarung 19,11).

Zugleich finden wir in der Bibel eigentlich nur gebrochene Helden, die allesamt ihre Abgründe und Schatten haben. Was uns darauf hinweist, dass die entscheidende Aufgabe eines Kämpfers ist, erst einmal sich selbst zu besiegen. Schwarz-weiß-Denken, das den anderen dämonisiert, um ihn dann zur Zielscheibe selbstgerechten Zornes zu machen, hat da keinen Platz.

Dieser Bick nach innen verlangt uns im Grunde noch viel mehr Mut ab: Genau die Art von Mut, die etwa Mahatma Gandhi von seinen Leuten erwartete, als er sagte, nur die seien zum gewaltfreien Kampf geeignet, die auch bereit wären, mit der Waffe zu kämpfen, und die nur deshalb darauf verzichteten, weil sie verstanden hatten, dass der gewaltfreie Weg der bessere ist.

Wenn Jesus davon spricht, dass seine Nachfolger sich selbst verleugnen und das Kreuz auf sich nehmen sollen, wenn Paulus in Galater 2,20 und 6,14 davon schreibt, dass er mit Christus gekreuzigt ist und nun nicht mehr für sich selbst lebt, dann ist von diesem inneren Kampf der Selbstüberwindung die Rede, der auch eine Überwindung der Welt – des “Herrschaftssystems” – ist, in der das Gesetz des Stärkeren gilt.

Diesen Weg ist Jesus selbst gegangen. Er hat den inneren Kampf angenommen und gewonnen. Davon erzählt zum Beispiel die Versuchungsgeschichte. Sie sagt: Jesus hat sich dem Herrschaftssystem nicht gebeugt, dessen Verlockungen und Drohungen missachtet; und er wusste, welche Folgen das haben würde. Er hat darüber zu einer erstaunlichen Freiheit und Vollmacht gefunden – und am Ende hat er sogar den Tod besiegt, den letzten Feind. Er ist also ein Kämpfer der anderen Art, denn er siegt durch jene Beharrlichkeit und Leidensfähigkeit, zu der nur die Liebe fähig ist. Und genau daran können wir ablesen, wie Gott wirklich ist.

Was das praktisch bedeutet? Das nächste Mal, wenn es so aussieht,

  • als ob Ihr am kürzeren Hebel sitzt,
  • die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt, oder
  • wenn Ihr merkt, Ihr müsst jetzt Euch selbst besiegen,

dann denkt einfach daran, wer auf Eurer Seite ist:

„Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen.“ (1. Kor 1,25)

„Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (1. Joh 5,4)

(Die Predigt vom letzten Sonntag dazu gibt es hier zum Nachhören)

Fragen zum Gespräch:

  • Welche Heldenfiguren (aus Geschichte, Mythologie, Literatur oder Film) haben Euch besonders geprägt?
  • Welche Charaktereigenschaft Gottes könnte sich darin widerspiegeln?
  • Wo habt Ihr Euch persönlich in letzter Zeit machtlos und unterlegen gefühlt?
  • Was waren (oder sind) eure inneren Kämpfe in solchen Augenblicken?
  • Wo habt Ihr Gottes Hilfe und Beistand in solchen Momenten schon erlebt?
  • “Mit Christus gestorben” zu sein – was könnte das für jede(n) in seiner/ihrer Lebenssituation konkret bedeuten?